FPÖ: Keine Eingriffe in das Privateigentum, also gegen die Bekämpfung der Wohnungsnot
Die Wohnungsnot ist zu einem der größten und bedrückendsten Probleme (auch) in Österreich geworden, und zwar in vielfältiger Weise: Enorme Verteuerung der Grundstückspreise, massiv anwachsende Bau- und Finanzierungskosten, überdurchschnittlich steigende Wohnungsmieten, gefördert durch den Boom an befristeten Mieten (3/4el aller Neuverträge!): Alle drei Jahre stehen Mieter:innen vor dem Dilemma, entweder eine Extra-Miet-Erhöhung zu schlucken oder die Wohnung zu verlieren.
Wie ÖVP und FPÖ die Wohnungsnot in Österreich verschärfte
Bereits die schwarz-blaue Koalition I hat 2000 die Lage von Mieter:innen verschlechtert, insbesondere indem Kettenbefristungen erlaubt wurden: es ist seither möglich, immer wieder befristete Mietverträge mit den gleichen Mieter:innen abzuschließen, aber zu höherer Miete.
Die Wohnungsknappheit wurde 2004 durch den Verkauf von 60.000 Genossenschaftswohnungen im (indirekten) Eigentum der Republik (BUWOG) verschärft – um 961 Mill. €, also zu einem Durchschnittpreis von 16.000€ pro Wohnung (!). 2018 kaufte Deutschlands größter Immobilienkonzern, Vonovia, die BUWOG für 5,2 Mrd. €. Ein gutes Geschäft auf Kosten der Mieter.
Auch das Wohnungsprogramm der ÖVP-FPÖ-Koalition von 2017 folgte neoliberalen Leitlinien: Insbesondere die geplante Ausweitung der Befristungen hätte die Mieten weiter nach oben getrieben (dann platzte aber die Koalition als Folge des Ibiza-Skandals).
Wohnraum als „Betongold“
Nach der Finanzkrise 2008 wurden Immobilien auch in Österreich zu einer immer attraktiveren Kapitalanlage, erleichtert durch die Lockerungen des Mieterschutzes unter den schwarz-blauen Regierungen zwischen 2000 und 2007. Dieser „Betongold-Rausch“ ließ die Immobilienpreise (noch) viel stärker steigen als die Mieten und diese stiegen wiederum rascher als Löhne und Verbraucherpreise.
Mieterschutz wird ausgehebelt
Schutz vor Verlust der Wohnung und Verlässlichkeit der Miethöhe existieren nicht einmal mehr bei Wohnungen, für die es gesetzliche „Richtwerte“ gibt (alle vor 1945 Fertiggestellten). Denn die Vermieter ignorieren sie meist: So müsste der Mietzins bei Befristung um 25% unter dem Richtwert liegen, doch die Vermieter halten sich nicht daran. Diesen Rechtsbruch erleichtert das undurchschaubarere System von Zu- und Abschlägen vom Richtwert, insbesondere der „Lagezuschlag“. Dieser wird oft als Vorwand verwendet, um selbst bei befristeten Verträgen den Mietzins über den Richtwert anzuheben.
Notwendige Maßnahmen einer sozialen Wohnpolitik
Auf Basis dieser Diagnose ist klar: Eine Politik, welche die Wohnungsnot als soziales und ökonomisches Problem nachhaltig und wirkungsvoll bewältigen will, muss in fünf Bereichen ansetzen:
- Grundstücke müssen zu Preisen bereitgestellt werden, welche für den geförderten Mietwohnungsbau erschwinglich sind.
- Die Wohnbauförderung ist zu erhöhen, der Anteil der geförderten Wohnungen an der Gesamtbauleistung muss deutlich steigen.
- Es braucht grundlegende Änderungen im Mietrecht, insbesondere die Abschaffung befristeter Verträge und die generelle Begrenzung der Mietzinse.
- Alle wohnrechtlichen Konflikte, insbesondere Kündigungen, sollen vor den „Schlichtungsstellen“ verhandelt werden. Das verringert Prozesskosten und -risiko (für die - sozial schwächeren - Mieter:innen besonders wichtig).
- Betriebskosten: Grundsteuer, Hausversicherungsprämien und das Verwaltungshonorar der Hausverwaltung dienen primär dem Interesse des Eigentümers und sollten nicht den Mieter:innen verrechnet werden.
Die FPÖ und die Wohnungsnot: Sozial in der Rhetorik, unsozial in der Praxis
Angesichts der Wohnungsnot fordert auch die FPÖ in Parlaments- und Sonntagsreden „leistbares Wohnen“ und zwar auch „außerhalb der Gemeinnützigkeit“. Doch in der Praxis steht sie auf Seite der Hausbesitzer:innen:
- Das Regierungsprogramm der letzten ÖVP/FPÖ-Regierung übernahm fast wortwörtlich Teile des Forderungskatalogs des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI)
- Das Projekt einer Wohnbauinvestitionsbank wurde von ÖVP und FPÖ gestoppt.
- Die FPÖ ist gegen ein Verbot befristeter Mietverträge (die ÖVP sowieso)
- Selbst in der Phase höchster Inflation und höchster Mietsteigerungen hat sich die FPÖ gegen Mietpreisbremsen ausgesprochen (die ÖVP sowieso)
Die Ablehnung einer Leerstandsabgabe durch die FPÖ zeigt den Widerspruch zwischen ihren sozialen Phrasen und ihrer praktischen Politik. Dabei geht es nur darum, einen Anreiz für Wohnungseigentümer zu schaffen, ihre leerstehenden Objekte am Markt anzubieten.
Doch FPÖ-Chef Kickl macht daraus „einen marxistischen Angriff auf das Eigentum der Bürger“ und betont das neoliberale Grundprinzip der FPÖ: „Eigentum ist ein Grundrecht und es geht den Staat schlichtweg nichts an, was die Bürger damit machen!“
Damit ist die Maske der „Sozialen Heimatpartei“ gefallen. Als Partei der reichen Leute im Gewand eines Anwalts der kleinen Leute steht die FPÖ auch beim Wohnen auf Seite der Eigentümer und nicht der Mieter: Wenn Eingriffe in das Privateigentum prinzipiell abzulehnen sind, dann kann es überhaupt keinen Mieterschutz geben – egal, ob Kündigungsschutz oder Mietzinsregulierungen – denn all diese Maßnahmen stellen Eingriffe in das Eigentumsrecht dar.
Natürlich sind “die Ausländer” auch an der Wohnungsnot Schuld: Statt einer Leerstandsabgabe “sollte man sich vielmehr über Remigration Gedanken machen, dann gebe es wieder Wohnungen genug” meinte der FPÖ-Bundestagsabgeordnete Markus Leinfellner (FPÖ/St). Deportationen zur Beschaffung von Wohnraum (statt von “Lebensraum” wie im “Dritten Reich”).